Hier finden Sie Berichte über Veranstaltungen, die zur Erinnerung
an Martin Luserke stattgefunden haben. 


Hautnah erlebte Geschichten von der See und der Küste
Wohlige Schmökerstimmung: Dieter Luserke las im "Klottje Hus" des Heimatvereins Leer

Von Gabriele Boschbach

Leer. Während Kluntjes in den Teetassen und Kekse zwischen den Zähnen knackten, breitete sich im Klottje-Hus langsam wohlige Schmökerstimmung aus. Dieter Luserke, der Gast des Abends, hatte seine Unterlagen optimal unter dem Lichtkegel der Schreibtischlampe platziert.

Hautnah erlebte Geschichten von der See und der Küste standen auf dem Programm, montiert aus Erinnerungen und Logbuch-Aufzeichnungen der "Krake ZK 14". Von 1934 an ist Dieter Luserke auf diesem ehemaligen holländischen Seefischerboot gemeinsam mit seinem Vater, dem Pädagogen und Dichter Martin Luserke (1880-1968), unterwegs gewesen. Vier Jahre haben die beiden Männer auf der Ost- und Nordsee gegen Sturm, technische Widrigkeiten und manchmal wohl auch gegen die aufkeimende Einsamkeit gekämpft.

Martin Luserke war seinerzeit ein bekannter Schriftsteller, der sich mit theoretischen Schriften zum Theater, Novellen, einer Wikinger-Trilogie, Romanen wie "Tanil und Tak" (1925) oder ,,Hasko" einen Namen gemacht hatte. Aus dieser Tradition der Reformpädagogik kommend, hat der gebürtige Berliner 1924 mit einigen anderen Leuten die ,,Schule am Meer" auf Juist gegründet. ,,Ich musste ihn immer mit bis zu 80 Kindern teilen", notierte Dieter Luserke in seinen Aufzeichnungen. Unter diesem Gesichtspunkt hatte es in den Augen des damals 15-Jährigen zunächst einen besonderen Reiz, seinen Vater auf dem Schiff ganz für sich alleine zu haben, nachdem die Schule wegen der nationalsozialistischen Gleichschaltungsbestrebungen schließen musste.

Die in den Niederlanden erworbene ,,Krake" wurde von einer Werft in Oldersum überholt, so dass sie schließlich vollkommen seetüchtig war. ,,Auch bei hohem Seegang konnte man das Geschirr auf dem Tisch stehen lassen", erzählt Dieter Luserke schmunzelnd. Gemeinhin hatte er jedoch nicht viel Grund zum Lachen. Das Leben an Bord war hart, körperlich anstrengend und forderte von dem schmächtigen Jungen den Einsatz aller Leistungsreserven. Selbst die Zubereitung der Mahlzeiten gehörte zu seinen Aufgaben. ,,Dazu hatte ich wirklich wenig Lust", schreibt er in seiner zurückhaltenden Art. Man kann sich vorstellen, dass manche Konserve an der Kombüsenwand gelandet ist.

In den späteren Jahren hatten die beiden Männer immer wieder Unterstützung und Gesellschaft durch ehemalige Schüler und Freunde, die für ein paar Wochen Gäste auf der ,,Krake" waren. 1938 beendeten Vater und Sohn ihr ruheloses Dasein und gingen an Land. Martin Luserke fand eine neue Heimat im schleswig-holsteinischen Meldorf, Dieter Luserke in Bremen. Die ,,Krake" wurde 1944 bei einem Bombenangriff auf Finkenwerder zerstört.

An die Lesung schloss sich ein lebhaft geführtes Gespräch an. Etliche Gäste des Klottje-Abends waren interessiert daran, mehr über Dieter Luserke und seine Familie zu erfahren. Und natürlich über .das Schiff.

Unter www.luserke.net kann man im Internet weitere Informationen über den Dichter abrufen. Etliche Schriften sind im Leeraner Verlag Schuster erschienen.

Ostfriesen-Zeitung Leer, 21. September 2001

Dieter Luserke über diesen Abend:"Dies war wohl die schönste und beste Lesung, die ich je gemacht habe. Hatten wir wegen des schlechten Wetters und später Stunde nur mit wenigen Leuten gerechnet, waren es 40 fachkundige Zuhörer, die gebannt der Lesung folgten."




Im Juni 1999 fand in der Kulturmühle Berne eine "Lesung mit Konzert" statt.
Die Künstler waren Sylva Springer und Lotahr Schneider.

Hier ein Bericht:

"Die Verbindung war ungewöhnlich"
Geschichten von Martin Luserke

Berne (hj). Der Titel "Geschichten von der Waterkant" könnte möglicherweise den einen oder anderen irregeführt haben. Denn die jüngste Lesung mit Konzert in der Kulturmühle Berne hatte weder in Texten noch in der Musik etwas mit Döntjes und Seemannsgarn, Schifferklavier oder Hafenromantik zu tun.

"Geschichten von der Waterkant" hat der Dithmarscher Pädagoge und Dichter Martin Luserke (1880 -1968) Zeit seines Lebens gesammelt, erzählt und niedergeschrieben. Seine Erzählungen für Erwachsene erinnern an die skandinavische Sagenliteratur. Allerdings spielen die fantastischen Geschichten bei Luserke in der amphibischen Welt des Wattenmeeres.

Sylva Springer aus Butjadingen bewahrt mit Leseabenden wie in Berne den Erzähler vor dem Vergessen und weckt neues Interesse an seinen Büchern. Nur drei sind heute noch zu erhalten - in alten Restbeständen oder bereits als Neuauflagen. In Berne las die Schauspielerin aus dem Erzählbändchen "Windvögel in der Nacht" und aus ,,Obadjah und die ZK 14" vor. Dieser Roman solle in Kürze neu aufgelegt werden, sagte sie.

Wenn der Nebel Fetzen übers Wasser treibt, sich der blasse Mond im Wasser spiegelt und sich im fahlen Licht die Konturen verwischen, wenn im Wechsel der Gezeiten Sein oder Schein nicht mehr zu unterscheiden sind - dann waren das Stimmungen, die Martin Luserke zum Fabulieren anregten.

Seine Geschichten handeln von ertrunkenen Walfängern, die in Gestalt von Riesenmöwen oder Seehunden an Land zurückkehren und dort von Menschen erkannt werden, die mit der Gabe des sogenannten Zweiten Gesichts gesegnet sind. Traum und Wirklichkeit, Sage, Spökenkiekerei und Volksglauben sind so geschickt miteinander verwoben, daß man oft nicht weiß, ob man schmunzeln oder sich eher gruseln sollte.

Lothar Schneider aus Oldenburg setzte mit jeweils dreisätzigen Sonaten von Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Muzio Clementi musikalische Kontraste - nicht nur in Bezug auf die Texte. Er interpretierte die klassischen Werke auf dem Einzelton-Akkordeon. Klang und Ausführung ließen die Besucher aufhorchen.

Im Publikum saß an diesem Abend ein besonderes Paar: Dieter Luserke, jüngster Sohn des Schriftstellers, selbst inzwischen 80 Jahre alt und in Bremen wohnhaft, hatte sich mit seiner Frau Ursula den Besuch der Lesung in der Kulturmühle nicht nehmen lassen. Er, der selbst Martin-Luserke-Lesungen anbietet, begeisterte sich an der ungewöhnlichen Verbindung von Texten und Musik in Berne.

Wieviele Geschichten sein Vater gesammelt hat, konnte er nicht sagen. "Unzählige", versicherte Dieter Luserke, der zwischen 1934 und 1938 bei den Fahrten des Schriftstellers auf dem holländischen Kutter ZK 14 "Krake" die Besatzung bildete. Dort entstanden die Grusel- und Spukgeschichten, die Martin Luserke immer erst mehrfach erzählte, bevor er sie niederschrieb. "Er hatte immer viel Jugend um sich", berichtete Ursula Luserke.

Weserkurier BremenStadtteilbeilage Nord

Dienstag, 1. Juni 1999


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